Wärmflasche immer dabei! – Gründerinterview mit femitale
Jeden Monat aufs Neue… Viele Frauen leiden während ihrer Periode an starken Bauch- oder Rückenschmerzen. Unternehmensgründerin Lisa-Maria Reisinger hat nun ein Produkt entwickelt, welches Frauen in dieser Zeit unterstützen soll und sich für einen offenen Umgang mit gynäkologischen Beschwerden einsetzt.
Lisa-Maria, erzähl uns doch bitte etwas über dein Produkt femitale.
Um über femitale zu erzählen, möchte ich auf einen Text aus unserer Crowdfunding Kampagne zurückgreifen, der femitale meiner Ansicht nach perfekt beschreibt:
femitale hat nicht nur daran gedacht, bequem zu sein und gut auszusehen, sie hat auch als erste „every Day Hose“ weltweit, auf deine Wärmflasche Rücksicht genommen. GOTS zertifizierte BIO Baumwolle schmeichelt nicht nur deiner Haut, sondern auch der Umwelt & faire Arbeitslöhne und nachhaltige Produktion standen dir und deiner Wärmflasche noch nie so gut. femitale möchte den Textilmarkt revolutionieren und kämpft für einen einfacheren und authentischeren Umgang mit deiner Wärmflasche.
Bisher haben Wärmepflaster oder akkubetriebene Wärmehosen versucht, bei Menstruationsschmerzen Abhilfe zu schaffen. Wodurch heben sich die femitale Hosen von diesen anderen Lösungen ab?
Bei meiner Suche nach Wärmquellen bin ich natürlich auch auf Wärmepflaster und akkubetriebene Wärmehosen gestoßen. Wärmepflaster funktionierten ganz gut, mir gefiel es jedoch nicht, dass ich sie nach der Verwendung wegwerfen musste. Akkubetriebene Wärmehosen lieferten für mich einfach nicht jene Wärme, die ich von den Wärmflaschen her kannte und die mir am besten gegen meine Beschwerden half. Außerdem sah jede Wärmehose die ich sah oder testete aus wie ein klassisches Medizinprodukt, ohne modische Komponente. Beide Produkte müssen unter der normalen Kleidung versteckt werden. Mit femitale möchte ich die Menschen ermutigen, ihre Wärmequelle selbstbewusst und mit Stil zu tragen.
Wie ist die Idee zur Gründung von femitale entstanden?
Letztes Jahr im Oktober lag ich auf meiner Couch und hatte wieder einmal einen dieser Tage, mein Hund Bobby musste trotzdem raus. Ich hätte aber gerne meine Wärmflasche mitgenommen, bloß wusste ich nicht wie. Damals versuchte ich noch, die Wärmflasche mit einem Gürtel an meinem Bauch festzuschnallen. Nach dem Spaziergang habe ich gleich im Internet recherchiert. Ich war fest entschlossen, mir eine Hose zu kaufen, die es mir ermöglicht, meine Wärmflasche vorne am Bauch zu verstauen. Leider – oder zum Glück – ergab die Recherche damals keinen Treffer, was bei Google ja nicht oft der Fall ist. So war die Produktidee geboren.
Wie ist die Unternehmensgründung verlaufen? Was hat sich seit der ersten Idee verändert?
Die Unternehmensgründung an sich ging ganz schnell. Nachdem ich mich für die Gesellschaftsform entschieden hatte, war es eigentlich nur noch eine formelle Angelegenheit. Die Entwicklung von femitale selbst war da schon langwieriger und begann natürlich schon viel früher. Im Oktober 2018 hatte ich wie schon erwähnt die Idee zu femitale. Bereits im Februar 2019 entschloss ich mich, meinen Job zu kündigen und mich voll und ganz meinem Herzensprojekt zu widmen. Das Unternehemensgründungsprogramm des Österreichischen AMS hat mir die Entscheidung damals etwas leichter gemacht, da so zumindest für die ersten Monate für finanzielle Unterstützung gesorgt war. Meinen ersten Prototypen in den Händen zu halten war ein richtig großer Meilenstein für mich. Er wurde im Mai 2018 von einer Schneiderin aus Wien angefertigt. Aber wie es mit einem ersten Prototypen so ist, hält man damit zumeist den Anfang einer längeren Reise in den Händen. Richtig viel Schwung in die Entwicklung kam, als ich durch Zufall – oder Schicksal – eine Produktionsagentur für nachhaltige Textilien in Berlin (Good Garment Collective) fand und kontaktierte. Gemeinsam entwickelten wir femitale zu dem, was es nun ist – eine gemütliche, stylische Hose mit Funktion!
Wo siehst du dein Unternehmen in 5 Jahren?
Der erste kleine, aber sehr wichtige Schritt ist erstmal, das Crowdfunding zu rocken und mindestens das erste Ziel von € 25.000 zu schaffen. In 5 Jahren sehe ich femitale erfolgreich am Markt etabliert, sowohl mit dem eigenen Online-Shop als auch über den Fachhandel.
Wofür steht femitale für dich?
femitale steht für einen ehrlicheren und authentischeren Umgang mit gynäkologischen Beschwerden. Genau deshalb ist femitale kein weiteres diskretes Menstruationsprodukt. Es hat mich schon immer gestört, dass es so schwer ist, öffentlich über gynäkologische Erkrankungen zu sprechen. Dies hat mich schlussendlich auch zum Namen femitale geführt. Eine Kombination aus feminin und tale – dem englischen Wort für Geschichte. Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte, warum er eine Wärmequelle benötigt. Diese Menschen will femitale dabei unterstützen und ermutigen, diese Geschichten selbstbewusst zu erzählen.
Welche Aspekte sind dir bei der Entwicklung und Produktion von femitale besonders wichtig gewesen?
In erster Linie war es mir wichtig, dass sie in der Lage ist, eine gefüllte Wärmflasche mit einem Gewicht von ca. 1,2 kg halten zu können. Auf keinen Fall wollte ich eine Hose entwickeln, die nur auf die Funktion bedacht ist. Die Vereinbarkeit von Stil und Funktion war eine der wichtigsten Anforderungen. Die Hose sollte jeden Tag getragen werden können, ob mit oder ohne Wärmflasche. Ein natürliches Material war ebenfalls ganz oben auf der Anforderungsliste. Die feuchtwarme Luft die sich rund um die Wärmflasche bildet, sollte abtransportiert werden. Bio Baumwolle war hierfür ideal. Außerdem wollte ich darauf achten, die für die Produktion benötigten Ressourcen möglichst zu schonen. Meine Hose soll nicht nur den Kundinnen gute Dienste erweisen, sondern auch die Menschen, die sie herstellen, fair entlohnen und die Umwelt respektieren.
Auf startnext.com werbt ihr damit, dass die femitale aus GOTS zertifizierter Bio-Baumwolle hergestellt wird. Was bedeutet das für eure Kundinnen?
Heutzutage legen wir immer mehr Wert auf einen gesunden Lebensstil. Sport sowie eine ausgewogene und gesunde Ernährung sind da ganz normal für uns. Aber auch die Auswahl unserer Kleidung kann wesentlich für einen gesunden Lebensstil sein. femitale Hosen werden aus GOTS zertifizierter BIO-Baumwolle hergestellt. Dies garantiert, dass keine Pestizide bzw. Kunstdünger bei der Herstellung der Baumwolle verwendet wurden. Das Saatgut ist nicht genmanipuliert oder chemisch behandelt. Bio-Baumwolle garantiert den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit durch Fruchtwechsel und natürliche Düngung. Es wird kleinflächig angebaut, was den Boden schützt und das Risiko von Ernteausfällen verteilt.
Außerdem werden unsere femitale Hosen in Europa unter fairen Arbeitsbedingungen genäht.
Du bist nicht nur Unternehensgründerin, sondern auch Bloggerin. Wie heißt dein Blog und mit welchen Themen setzt du dich dort auseinander?
Bevor ich mit femitale begonnen habe, schrieb ich öffentlich über meine Beschwerden und über mein Leben mit Endometriose. Aktuell ist dieser „Blog“ aber nur noch auf Facebook zu finden und wird seit der Gründung von femitale leider etwas vernachlässigt.
In welchen Farben ist die femitale erhältlich?
Aktuell kann ein Modell in 3 verschiedenen Farben über die Crowdfunding Kampagne vorbestellt werden. Die 3 Farben sind Schwarz (femitale-Rose), Beige (femitale-Anna) und Henna (femitale-Agnes). Wie ihr schon merkt trägt jede femitale ihren eigenen Namen. Die Namensgeberinnen der ersten Serie sind sehr inspirierende Frauen, die ebenfalls versuchen, bestmöglich mit gynäkologischen Beschwerden durchs Leben zu gehen. Diese Tradition wollen wir für die nächsten Farben und Modelle fortführen.
In welchen Größen wird die femitale erhältlich sein?
Die femitale kann aktuell von XS bis XL vorbestellt werden. Aufgrund vermehrter Anfragen wegen einer XXL Variante, werden wir diese noch während der Crowdfunding Kampagne ins Programm nehmen.
Sind bereits weitere Designs geplant? Wenn ja, worauf können wir Wärmflaschen-Liebhaber uns freuen? Sind für die Zukunft auch andere Kleidungsstücke als Jogginghosen geplant?
Sollte die Crowdfunding Kampagne erfolgreich sein, kommen in naher Zukunft definitiv neue Farben und bestimmt auch weitere Größen auf den Markt. Ich spiele immer wieder mit dem Gedanken, eine femitale zu entwickeln, die man auch mal ins Büro anziehen kann. Dies stellt allerdings eine gewisse Herausforderung dar, da gerade die richtige Stoffauswahl entscheidend dafür ist, ob das Gewicht der Wärmflasche gehalten werden kann. Hier werden wir bestimmt noch etwas experimentieren müssen. Eine ergänzende T-Shirt-Kollektion mit starken und ermutigenden Sprüchen zum Thema Periode kann ich mir auch sehr gut vorstellen. Ich kann euch definitiv versichern, dass mir ziemlich viele Ideen im Kopf herumschwirren.
Welche Tipps möchtest du Leserinnen mit Endometriose oder anderen gynäkologischen Beschwerden auf den Weg geben?
Versucht, über eure Beschwerden zu sprechen. Verständnis kann nur über Kommunikation aufgebaut werden. Mir hat es sehr geholfen, meine Mitmenschen über meine Beschwerden zu informieren. Am besten anfangs mit euren Lieben sprechen – mit den Eltern, den Geschwistern, dem Partner oder mit guten Freunden, da funktioniert es relativ einfach. Nach und nach kann der Kreis erweitert werden. Ich war über die Reaktionen zum Teil sehr überrascht. Oftmals wirkte meine ehrliche Antwort auf die oberflächliche Frage „wie geht es dir“ wie ein Eisbrecher und es entwickelten sich spannende Gespräche über die diversesten Beschwerden.
Wenn ihr online Hilfe oder Gespräche sucht, sucht euch nur Foren, die sich für euch gut anfühlen. Es gibt leider so viele negative Foren, die einen einfach nur runterziehen.
Und welche Tipps hast du für Frauen, die ebenfalls mit dem Gedanken spielen, ihr eigenes Unternehmen zu gründen?
Wenn ihr eine Idee habt, die euch in der Nacht nicht mehr schlafen lässt und die euch am Tag an nichts anderes mehr denken lässt, dann fangt an. Auch wenn der erste Schritt noch so klein ist, und er euch vielleicht unbedeutend vorkommen mag. Es ist der wichtigste Schritt, um dem Ziel näher zu kommen. Trefft die Entscheidung, geht los und lasst euch von nichts und niemanden mehr aufhalten.
Sucht euch Unterstützung in jenen Bereichen, in denen ihr keine Erfahrung mitbringt. Man muss nicht alles können und schon gar nicht alles selber machen, auch wenn man alleine gründet. Investiert euer Geld in die richtigen Köpfe. Hört auf euer Bauchgefühl und teilt euer Projekt mit Menschen, die ebenfalls Leidenschaft dafür mitbringen.
Aktuell gibt es noch relativ wenige Gründerinnen. Ich denke, viele Frauen lassen sich davon abschrecken. Aber genau darin liegt eure Chance! Frauen gründen anders und haben andere, oft sehr erfrischende Produktideen. Wie bei allem im Leben sollte man sich möglichst nicht vergleichen, sondern der eigenen Idee und den eigenen Fähigkeiten vertrauen. „Women support each other“ – das durfte ich am eigenen Leib erfahren. Auch wenn du alleine gründest – mit etwas Offenheit und Mut bist du als Gründerin bestimmt nicht alleine.
Vielen herzlichen Dank, liebe Lisa-Maria! Wir drücken dir ganz fest die Daumen, dass du mit deiner Herzensangelegenheit ganz viel Erfolg haben wirst! 🙂