Interview mit den Gründern von Roomtailors
Tobias und Clemens sind die Gründer des noch jungen Startups Roomtailors und geben uns in diesem Interview Einblicke in ihr Unternehmen.
1. Stellt Euch und Euer Team bitte kurz vor.
Unser Gründungsteam besteht aus zwei Personen: Clemens Hildebrandt (Betriebswirt) und Tobias Lange (Software-Entwickler). Wir beide hatten unabhängig voneinander schon eigene Gründungsprojekte, haben uns aber erst deutlich später bei Daimler kennen gelernt. Dort ist auch der Wunsch entstanden, zusammen etwas Gemeinsames zu starten. Mit Anfang 30 und einiger Berufserfahrung im Gepäck schien uns der Zeitpunkt ideal. Hier im Schwabenland ist das schon ungewöhnlich, den sicheren Schoß des Konzerns freiwillig zu verlassen. Andererseits liegt den Schwaben das Gründen aber auch im Blut. Es gibt hier jede Menge Tüftler, Erfinder und Unternehmer, so dass wir als “Neigeschmeckte” doch ganz gut rein passen.
2. Was genau ist Roomtailors bzw. was ist das Konzept?
Wir helfen Online-Shops dabei, beratungsintensive Produkte besser zu verkaufen. Wir sind also im Business-to-Business-Bereich unterwegs. Google hat es in seiner letzten Marketing-Keynote auch nochmal besonders herausgestellt: Man muss den Kunden dabei helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.
Dazu haben wir ein Tool entwickelt, das als Ratgeber einfach in Onlineshops integriert werden kann. Der Ratgeber nimmt interaktiv die Wünsche des Kunden auf, wertet sie aus und liefert hilfreiche Inhalte und die am besten geeigneten Produkte. Diese Möglichkeit, sich selbst einzubringen, wird von den Nutzern sehr gut angenommen.
3. Woher kam die Idee für die Gründung von Roomtailors und wie kam es zu dem Namen?
Bei der Namensfindung haben wir es uns nicht leicht gemacht. Allerdings haben wir früher ein anderes Geschäftsmodell verfolgt, in dem wir Wohnungseinrichtungen geplant haben. Daher auch der Name. Für die Raumplanung haben wir viel Arbeit von unserer Software erledigen lassen. Dabei haben wir dann festgestellt, dass das Tool, welches wir zur Bestimmung des richtigen Einrichtungsstils und der jeweils relevanten Inhalte verwenden, universell einsetzbar ist, um Empfehlungen für Produkte zu geben. So sind wir mittlerweile eher Shop-Tailor und schneidern das Angebot eines Onlineshops auf die Kunden zu.
4. Wann wurde Roomtailors gegründet?
Im März 2016 haben wir uns formell gegründet. Diesen Schritt haben wir aber eine ganze Weile vorbereitet und schon deutlich länger an unserer Lösung gearbeitet.
5. Ihr bietet Hilfe für Online-Händler an. Was für Dienstleistungen und Produkte kann der Händler von euch bekommen?
Unser Kern ist der Ratgeber, über den wir sehr aussagekräftige Informationen darüber bekommen, was der Besucher eines Online-Shops gerade wünscht und braucht. Wir helfen dem Händler aber nicht nur mit dem Ratgeber, sondern auch bei der Verwertung der Informationen. Zum Beispiel, indem wir die Besucher mit personalisierten Angeboten per E-Mail versorgen, wenn sie dies wünschen.
Gleichzeitig bekommt der Händler auf diese Weise einmalige Daten über seine Besucher. Auch hier helfen wir dabei, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und den Shop besser auf die Bedürfnisse der Kunden zuzuschneiden. Zum Beispiel indem wir analysieren, welche Themen die Kunden besonders beschäftigen, und indem wir Vorschläge machen, mit welchen Inhalten der Shop auf diese Wünsche besser eingehen kann.
6. Wer sind eure Kunden bzw. wo liegt eure Zielgruppe?
Unsere Kunden sind Anbieter von beratungsintensiven Produkten mit einer Online-Präsenz. Es geht vor allem um Dinge, die man nicht so gut zurückschicken oder umtauschen kann. Möbel gehören ebenso dazu wie Urlaubsreisen, Autos oder Fertighäuser. Unser Ratgeber ist sehr flexibel, so dass die Branche zunächst gar keine große Rolle spielt. Dementsprechend sieht die Lösung bei jedem unserer Kunden anders aus. Personalisiert eben.
7. Was ist das Besondere an eurem Service? Wie groß ist die Konkurrenz?
Man ist nie allein. Wir unterscheiden uns, indem wir eine andere Philosophie verfolgen. Während die meisten Personalisierer versuchen, das Verhalten des Kunden zu beobachten (sogenannte “implizite Personalisierung” durch Klickstreams), glauben wir an den direkten Dialog. Wir sind überzeugt, dass Kunden selbst das größte Interesse an guten Empfehlungen und Beratung haben und daher direkt beeinflussen möchten, was sie vorgeschlagen bekommen. Häufig kann man ja gar nicht nachvollziehen, warum bestimmte Produktvorschläge jetzt gerade auftauchen. Damit ist unsere Lösung ganz anders aufgebaut und für andere Fälle geeignet. Unter der Haube ist gerade für die Produkte natürlich auch bei uns jede Menge Technik des maschinellen Lernens und sehr ausgeprägte Datenanalyse nötig.
8. Plant ihr euer Angebot noch zu erweitern oder zu verändern?
Allerdings! Wir möchten den Dialog mit dem Kunden deutlich über einen Ratgeber hinaus fortsetzen. So geben wir beispielsweise heute schon in E-Mails die Möglichkeit, anzugeben, wenn an bestimmten Themen kein Interesse mehr besteht. Nichts ist nerviger als die vierte E-Mail zu “Kleiderschränken” zu bekommen, wenn man gerade schon einen gekauft hat. Über die Zeit lernen wir die Wünsche des Kunden so noch besser kennen, selbst wenn die sich verändern. Darauf aufbauend gibt es noch weitere Ergänzungsmöglichkeiten, zum Beispiel die Nutzung des Profils in der Produktsuche. Wenn ich meine Wünsche schon geäußert habe, wieso dann nicht direkt nur noch die Inhalte zeigen, die auch zu mir passen?
Onlineshops ändern sich von Nutzer zu Nutzer ja heute schon. Man denke nur an die erste Seite von Amazon, die immer andere Produkte zeigt. Diese Entwicklung muss aber noch viel weiter gehen. Shops der Zukunft müssen so stark auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen, dass man gar nicht mehr erkennen kann, dass man immer noch beim gleichen Händler ist.
9. Der Einstieg in die Selbstständigkeit bringt Hürden mit sich. Gab es in der Anfangszeit besondere Schwierigkeiten, die ihr zu bewältigen hattet? Welche Meilensteine habt ihr seither erreicht?
Überhaupt mal den Schritt aus dem sicheren Schoß des Konzerns heraus in die Selbstständigkeit zu machen war sicher die größte Umstellung gewesen. Besonders schwer ist uns das aber nicht gefallen. Etwas anderes war es bei der Änderung des Geschäftsmodells. Wir haben eine Weile gebraucht, um zu verstehen, dass unser Modell so nicht funktionieren wird. Und noch etwas länger, bis wir erkannt haben, dass unser neues Modell eigentlich auf der Hand liegt.
10. Habt ihr den Schritt in die Selbstständigkeit je bereut oder würdet etwas anders machen?
Bereut sicher nicht. Anders machen würden wir dagegen vieles. Das ist ja auch ein Maß dafür, dass wir einiges gelernt haben. Wir haben uns über die Zeit viel Methodik angeeignet und handeln jetzt sehr datengetrieben. Es ist eine Sache, Bücher wie “Lean Startup” zu lesen, aber etwas ganz anderes, alltäglich und vor allem mit den eigenen Lieblings-Ideen entsprechend umzugehen.
11. Wie viele Kunden konntet ihr von eurem Konzept bisher überzeugen und mit welcher Strategie steigert ihr euren Bekanntheitsgrad?
Wir haben aktuell einen festen und zwei Pilot-Kunden. Mit einigen weiteren sind wir in vielversprechenden Gesprächen. Im Business-Bereich ist das auch die Strategie, die am besten funktioniert: Direkt potentielle Kunden ansprechen und erklären, welchen Mehrwert man stiften kann.
12. Ihr seid ein noch junges Unternehmen. Wie sehen eure Pläne für die Zukunft aus und wo seht ihr euch in 5 Jahren?
Wenn wir unseren Job gut machen, wird es in fünf Jahren kaum noch etwas geben, das man nicht gerne online kauft. Das werden wir als Unternehmen nicht alleine schaffen, aber wir wollen ganz vorne bei denen sein, die diese Lösungen gestalten.
13. Welche drei Tipps gebt ihr anderen Startup-Gründern mit auf den Weg?
Erstens: Niemals aufgeben! Erfolg kommt nicht über Nacht und nicht ohne Umwege.
Zweitens: Hört auf eure Daten! Wenn etwas nicht funktioniert, merkt es, ändert es oder macht etwas anderes, aber seid kritisch mit euch selbst.
Drittens: Vertrauen. Glaubt daran, dass ihr auf diese Weise erfolgreich sein könnt, auch wenn alles länger dauert, als gedacht. Von Anfang an genau das Richtige zu machen, das dann einschlägt wie eine Bombe, ist ein schönes Märchen. Auch wenn es mal vorkommt, normalerweise führen viele kleine Schritte zum Ziel. Klingt irgendwie schwäbisch…
Vielen Dank für das Interview! Auf eurem weiteren Weg wünschen wir euch viel Erfolg.
Wer bei Roomtailors mal vorbei schauen will, einfach hier klicken.