Geheimcodes auf Arbeitszeugnissen

Geheimcodes auf Arbeitszeugnissen

Bei einem Arbeitszeugnis ist es notwendig, zwischen den Zeilen zu lesen.

Laut des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und somit laut Gesetz der Bundesrepublik Deutschland dürfen Arbeitgeber ihren ehemaligen Arbeitnehmern keine Arbeitszeugnisse mit negativen Beurteilungen auf den Weg geben. Daraus resultierend hat sich eine Art Geheimsprache unter Personalern entwickelt. Hier werden vermeintlich positive Beurteilungen für eine eigentlich negative Tatsache verwendet.
Damit Du zukünftig weißt, was die Formulierungen auf deinem eigenen Arbeitszeugnis oder auf dem Arbeitszeugnis einer deiner Bewerber tatsächlich bedeutet, übersetzen wir dir im Folgenden einige der meistgenutzten Geheimcodes.

  • „Er/Sie bemühte sich, den Anforderungen gerecht zu werden.“
    → Er/Sie war zwar bemüht, aber die gewünschten Erfolge blieben dennoch in der Regel aus.
  • „Er/Sie zeigte für seine Arbeit Verständnis.“
    → Er/Sie war faul.
  • „Er/Sie erledigte alle Arbeiten mit großem Fleiß und Interesse.“
    → Er/Sie war zwar fleißig und hat eifrig gearbeitet, aber Erfolge brachte er/sie dennoch nicht ein.
  • „Er/Sie hat sich im Rahmen seiner Fähigkeiten eingesetzt.“
    → …doch seine Fähigkeiten waren begrenzt. Daher waren seine Leistungen sehr schwach.
  • „Durch seine/ihre gesellige Art trug er/sie zur Verbesserung des Betriebsklimas bei.“
    → Er/Sie trinkt (zu) viel Alkohol.
  • „Er/Sie zeigte sich den Belastungen gewachsen.“
    → Er/Sie verliert schnell die Nerven und ist nicht sehr belastungsfähig.
  • „Er/Sie hat sich mit großem Eifer an die Aufgaben herangemacht und war auch erfolgreich.“
    → Er/Sie war zwar fleißig, lieferte jedoch nur unerfreuliche Leistungen ab.
  • „Er/Sie verfügt über Fachwissen und gesundes Selbstvertrauen.“
    → Er verfügt über weniger Fachwissen als diese Formulierung zu vermuten vermag und ist zudem sehr vorlaut.
  • „Er/Sie hatte Gelegenheit, sich die notwendigen Kenntnisse anzueignen.“
    → Er/Sie hatte zwar die Gelegenheit, sich entsprechende Kenntnisse anzueignen, hat diese Gelegenheit allerdings nicht ergriffen. (Leerstellentechnik)
  • „Er/Sie arbeitete stets nach eigener Planung.“
    → Er/Sie legte nicht genügend Wert auf die Anweisungen des Chefs.
  • „Er/Sie zeigte sich stets kompromissbereit.“
    → Er/Sie gab immer nach.
  • „Er/Sie kann Aufgaben erfolgreich delegieren.“
    → Er/Sie hat sich immerzu vor Arbeit gedrückt und gab Aufgaben entsprechend an andere Kollegen ab.
  • „Er/Sie ist tüchtig und ist dazu in der Lage, seine/ihre Meinung zu vertreten.“
    → Er/Sie legt viel Wert auf seine/ihre eigene Meinung und kann mit Kritik von anderen Personen nicht gut umgehen.
  • „Er/Sie gab nie Anlass zu Klagen.“
    → Sein/Ihr Verhalten gab jedoch auch keinen Anlass für lobende Worte. (Negationstechnik)
  • „Er/Sie war aufgrund seiner Pünktlichkeit stets ein gutes Beispiel.“
    → Werden Selbstverständlichkeiten so überschwänglich herausgestellt wie in diesem Beispiel, so war die Pünktlichkeit mehr oder weniger seine/ihre einzige gute Leistung.
  • „Er/Sie war bei unseren Kunden schnell beliebt.“
    → Er/Sie war bei den Kunden nicht sehr angesehen.
  • „Er/Sie ist mit seinen Vorgesetzten gut zurecht gekommen.“
    → Er/Sie ist ein Mitläufer, weiß sich seinen Vorgesetzten anzupassen, istmit seinen Kollegen jedoch eher weniger gut zurecht gekommen. (Leerstellentechnik)
  • „Er/Sie war tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen.“
    → Er/Sie war ein unangenehmer Arbeitnehmer.
  • „Er/Sie galt im Kollegenkreis als toleranter Mitarbeiter.“
    → Er/Sie kam zwar mit seinen/ihren Kollegen gut klar, stellte für den Chef jedoch eine Herausforderung dar.
  • „Er ist ein anspruchsvoller und kritischer Mitarbeiter.“
    → Er/Sie nörgelt an allem rum, besteht auf sein Recht und ihm muss alles recht gemacht werden.
  • „Für die Belange der Belegschaft bewies er stets Einfühlungsvermögen.“
    → Er/Sie flirtete während der Arbeit heftig mit Kolleginnen/Kollegen und suchte stets nach sexuellen Kontakten.
  • „Wir wünschen ihm auf seinem weiteren Weg in einem anderen Unternehmen viel Erfolg.“
    → Wir wünschen ihm in einem anderen Unternehmen viel Erfolg – Hauptsache, er bleibt bloß nicht länger bei uns!
  • „Er/Sie verlässt uns im gegenseitigen Einvernehmen.“
    → Das Unternehmen hat ihm/ihr gekündigt.
  • „Wir wünschen ihm/ihr für die Zukunft alles Gute, auch Erfolg.“
    → Durch das Herausstellen dessen, dass das Unternehmen dem Mitarbeiter auch Erfolg wünscht, hat er/sie zuvor wohl schlechte Leistungen abgeliefert und eher weniger große Erfolge feiern können.

Doch selbstverständlich muss nicht jede der oben genannten Formulierungen immer gleich das schlimmste bedeuten. Im Endeffekt kommt es bei der Analyse eines Arbeitszeugnisses auf den Gesamteindruck an. Kommen also vermehrt Formulierungen vor, die im Rahmen der Verschlüsselungstechniken von Personalern auch als negative Beurteilung bewertet werden könnten, so ist es wahrscheinlich, dass die Formulierung auch tatsächlich als negative Beurteilung zu werten ist. Kommt dagegen nur vereinzelt eine der oben genannten oder eine ähnliche Formulierungen vor, so kann dies auch ein Zufall oder eine Unachtsamkeit des Zeugnis ausstellenden Personalverantwortlichen gewesen sein.
Im Zweifelsfall kann man als Arbeitnehmer auch auf eine professionelle Arbeitszeugnis-Analyse zurückgreifen, dessen Preise in etwa zwischen 20 und 50 Euro liegen.

Wie das Notensystem auf Arbeitszeugnissen funktioniert und welche Techniken und Methoden die Verantwortlichen der Personalabteilungen verwenden, um negative Beurteilungen auf Arbeitszeugnissen zu verschlüsseln, erfährst du HIER.

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