Länder Klischees unter die Lupe genommen

Länder Klischees unter die Lupe genommen

Vorurteile haben wir alle irgendwie. Doch was ist wirklich dran an dem Gerede der Leute, der Gerüchte, Vorurteile und Klischees, die über die Jahre entstanden sind und sich fest verankert haben? Die Wahrheit findest du nur heraus, wenn du dich selbst davon überzeugst oder auch davon, dass es nur ein Vorurteil ist. Dieser Artikel nimmt die Klischees von drei verschiedenen Ländern genauer unter die Lupe…

Einmal in Down Under

In Australien ist immer Sommer.
Während meines Auslandssemesters in Australien erreichte mich oft die Frage „Genießt du die Sonne und die Hitze in Australien?“ oder „Wie ist der australische Sommer?“, während dieser längst vorüber war. Irgendwie hat sich in den Köpfen vieler Menschen festgesetzt, dass Australien immer heiß und sonnig ist und das ganze Jahr über Sommer hat. Dabei gibt es in Australien so ziemlich alle Klimazonen und Wetterbedingungen. Während im Norden über die Sommermonate ein hoher Niederschlag herrscht, aber die Temperaturen ganzjährig über 20 °C liegen, ist Südaustralien vor allem im Sommer sehr trocken und heiß, allerdings sinken im Winter die Temperaturen auch bis auf 5 °C. Was viele vielleicht nicht wussten: Es gibt sogar Schnee in Down Under! In den Bergen zwischen Melbourne und Canberra beispielsweise befinden sich einige Skigebiete. Die Ostküste Australiens ist ebenfalls in den Sommermonaten von hohen Temperaturen, aber auch von Niederschlägen geprägt. Hier lässt es sich aber in den Wintermonaten sehr angenehm reisen, da es wenig regnet und die Temperaturen nicht zu hoch sind. Ähnlich verhält es sich im Westen Australiens, allerdings wird die Luft trockener, je nördlicher man reist. Und das „rote Zentrum“ hat das ganze Jahr tagsüber hohe Temperaturen, die im Sommer auf 40 °C und höher steigen können und dabei kaum Niederschlag, während die winterlichen Nächte extrem kalt werden können.

Du stirbst entweder an Hautkrebs oder wirst von einem der gefährlichen Tiere getötet.
Bevor man überhaupt in das Land einreist, hat man schon ein riesiges Repertoire an Horrorstories über Australiens wahnsinnig gefährliche Tiere. Krokodile, weiße Haie, Monsterspinnen, giftige Schlangen und tödliche Quallen. Und zu all dem kommt, dass die Sonne so stark brennt, dass man sofort Hautkrebs davon bekommt…
Das klingt schon alles ziemlich dramatisch, obwohl es auch ein Stück Wahrheit enthält. Diese Tiere existieren tatsächlich in Down Under und gegen die lieblichen Tiere unserer Heimat, können diese auch angsteinflößend sein. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass man eines der Ungeheuer trifft und das ein tödliches Ende nimmt, sehr gering. In meinen sechs Monaten in Australien habe ich nicht ein einziges der genannten Tiere angetroffen. Obwohl ich mich nicht vor Risiken gescheut habe und in Südaustralien, trotz der weißen Haie, surfen war, sowie am Manly Beach, trotz der Warnung vor giftigen „Bluebottle“ Quallen, ins Wasser gegangen bin. Ich habe während meiner gesamten Zeit nur eine einzige Spinne gesehen, welche keine gefährliche „Redback“ war und lediglich eine totgefahrene Schlange entdeckt. Was die Sonne angeht, tatsächlich zählt Hautkrebs in Australien zu den häufigsten Todesursachen. Allerdings sind die Australier auch ein Leben lang der teils sehr aggressiven Sonne ausgesetzt. Wer nur zu Besuch in Australien ist und sich vor allem richtig schützt, der braucht sich diesbezüglich nicht verrückt zu machen. Eine Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 30–50 ist an manchen Tagen durchaus sinnvoll (aber nicht nur in Australien!). Ansonsten verlassen die meisten Menschen Australien lebend 😉

Brasilien, das Land der Gegensätze

Brasilianer sind sportlich – entweder sie tanzen Samba oder sie spielen Fußball.
Natürlich ist an diesem Klischee etwas dran. Den sensationellen Weltfußball durften wir alle schon mehrfach im Fernsehen verfolgen. Auch wenn das bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 im Spiel gegen Deutschland gar nicht so sensationell aussah (darunter leiden die Brasilianer übrigens noch immer). Vor allem an Brasiliens Stränden sieht man überall junge Fußballverrückte dem Ball hinterherjagen und tolle Tricks vorführen. Ähnlich ist es mit dem Samba. Es hängt zwar auch von der Region ab, in der man sich befindet, aber das „Popo wackeln“ haben sie alle drauf. Herumstehen ist nicht erlaubt. Wer den Einheimischen beim Tanzen zuschaut, der muss auch mitwackeln.
Nichtsdestotrotz ist in Brasilien nicht alles so sportlich, wie es das Klischee besagt. Entgegen der allgegenwärtigen Traumvorstellung knapp bekleideter, schlanker Frauen und muskulöser Männer an den Stränden Brasiliens, hat der relative Anteil Übergewichtiger in Brasilien in den letzten Jahren stark zugenommen. Tatsächlich sind viele typisch brasilianische Gerichte sehr fetthaltig, obwohl sie doch so verlockend aussehen. Wer da unkontrolliert zulangt, kann eben nicht ewig schlank und sportlich bleiben. Dementsprechend sieht man sehr viel mehr „stabil gebaute“ Männer und Frauen, als es vielleicht früher der Fall war. Das hält aber die Brasilianer nicht davon ab die knappste Bademode zu tragen. Und damit kommen wir schon zum nächsten Klischee…

Brasilianer laufen alle halbnackt rum.
Die Meisten kennen sicher die typischen Bilder die man von brasilianischen Stränden im Fernsehen, in Büchern oder dem Internet zu sehen bekommt, ebenso wie die Aufnahmen vom jährlichen Karneval: nackte Haut soweit das Auge reicht. Ich kann nicht für das gesamte Land sprechen, aber in den meisten (Küsten-)Orten ist dieses Vorurteil nicht unbegründet. Vor allem die einheimischen Frauen tragen fast ausschließlich sogenannte Stringbikinis. Das spiegelt sich auch im Einzelhandel wieder. Wer nach etwas mehr Stoff Ausschau hält, sucht hier vergeblich. Die Figur spielt dabei keine Rolle. Ob schlank oder nicht, der Trend ist hier gesetzt. Aber auch in den Städten sind viele Leute mit sehr wenig Stoff bekleidet. Das könnte vor allem daran liegen, dass es in vielen Teilen Brasiliens ganzjährig extrem heiß ist. In Rio de Janeiro zum Beispiel, sind Sommertage von 40 °C und mehr keine Seltenheit. Bei diesem Klima würden wir es wohl nicht anders machen 😉

Mit dem Rad durch die Niederlande

Die gesamte niederländische Nation fährt Fahrrad… und zwar immer.
Ja, in den Niederlanden besitzt vermutlich jeder einzelne Einwohner ein Fahrrad, egal was für eins. Hauptsache es fährt von A nach B. So ein Fahrrad ist aber nicht nur ein wichtiges Transportmittel, sondern es wird auch dafür genutzt sämtliche Gegenstände zu befördern: vom Wocheneinkauf, über Kisten oder Gepäck, bis hin zu Familienmitgliedern. Es scheint das verbreitetste Transportmittel des Landes zu sein. So sieht man nicht nur junge Leute damit fahren, sondern auch Geschäftsleute im Anzug zur Arbeit oder Mamas ihre Kinder von der Schule abholen. Die Radwege sind oft breiter und befahrener als die Autostraßen. Wie man vielleicht auch schon annehmen mag, ist Autofahren auch keine besonders große Freude in den Städten von Holland, denn die Masse an Fahrradfahrern erschwert den Autoverkehr immens. Hinzukommt, dass viele dieser Radfahrer wie die Raudis durch die Gegend düsen.Nicht zuletzt sollte jeder Fahrradbesitzer in den Niederlanden auch im Besitz eines Fahrradschlosses sein. Denn gerade in den großen Städten sind Raddiebstähle keine Seltenheit.

In den Niederlanden gehört kiffen zum Alltag.
Der private Konsum von Cannabis ist in den Niederlanden zwar „erlaubt“, das hat aber im Wesentlichen den Hintergrund den Schwarzmarkt zu vermeiden und eine gewisse Kontrolle zu bekommen. Daher gibt es diverse Coffeeshops, in denen man mit über 18 Jahren eine beschränkte Menge Cannabis kaufen kann. Anders als viele vielleicht vermuten, bedeutet dies aber nicht, dass jeder Einheimische regelmäßig Cannabis raucht, so wie viele Deutsche zum Beispiel Zigaretten rauchen. Der Geruch von gerauchtem Cannabis kommt einem auch hierzulande auf Festivals oder anderen Events immer mal wieder in die Nase. Nur wird es eben nicht offiziell toleriert. In meiner Zeit in den Niederlanden habe ich ausschließlich Einheimische kennengelernt, die NICHT rauchen. Und abgesehen von Amsterdam, ist die Verbreitung von Coffeeshops auch in anderen holländischen Städten nicht so extrem ausgeprägt.

Dieser kleine Einblick zeigt dir hoffentlich, dass viele der typischen Klischees über verschiedene Länder gar nicht der Wahrheit entsprechen oder aufgebauscht bzw. abgewandelt werden. Also geh raus in die Welt und überzeuge dich einfach selbst 🙂

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