Die Kleinunternehmerregelung (gemäß §19 Umsatzsteuergesetz)

Die Kleinunternehmerregelung (gemäß §19 Umsatzsteuergesetz)

Im Folgenden geht es darum, was die Kleinunternehmerregelung genau ist, welche Vor- oder auch Nachteile sie bietet, wer sie nutzen kann und wer davon ausgeschlossen ist.

Die Kleinunternehmerregelung

Die sogenannten Kleinunternehmer müssen auf ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen und müssen diese nicht abführen. Daher sind sie allerdings auch nicht zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen berechtigt, die sie von anderen Unternehmen erhalten.
Kleinunternehmer müssen also auf ihren Rechnungen nur den Bruttowert angeben, allerdings ohne die Umsatzsteuer und Umsatzsteuersätze aufzuführen. Das verhindert, dass ein vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer aus den Rechnungen des Kleinunternehmers die Vorsteuer ziehen kann.
Wer sich als Unternehmensgründer gegen die Kleinunternehmerregelung entscheidet, ist fünf Kalenderjahre lang an diese Entscheidung gebunden und muss die allgemeinen Verpflichtungen des Umsatzsteuergesetzes erfüllen.

Wer darf die Kleinunternehmerregelung anwenden?

Umsatzgrenzen

Die Kleinunternehmerregelung darf nur von kleinen Unternehmen, sprich von Unternehmen mit einem begrenzten Umsatz angewandt werden. Diese Grenze liegt bei 17.500 Euro Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr und 50.000 Euro Umsatz im laufenden Jahr. Wer diese Grenze überschreitet, darf die Kleinunternehmerregelung nicht anwenden und muss somit die Umsatzsteuer abführen und auf seinen Rechnungen aufführen. Wer gerade erst sein Unternehmen gründet, hat natürlich keine Angabe über den Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr. Hier gilt es, den Umsatz für das erste Kalenderjahr zu schätzen. Beginnen Sie Ihre Geschäftstätigkeit nicht im Januar, müssen Sie Ihren geschätzten Monatsumsatz auf ein ganzes Kalenderjahr hochrechnen.

Beispiel:
Sie eröffnen Ihr Unternehmen am 12. August und erwarten im ersten Geschäftsjahr einen monatlichen Umsatz von 1500 Euro. Sie sind im ersten Kalenderjahr also nur in fünf Monaten geschäftlich tätig. Daher liegt die Kleinunternehmer-Umsatzgrenze nicht bei 17.500 Euro, sondern bei 5/12 von 17.500 Euro ≈ 7292 Euro. Somit wären Sie nicht dazu berechtigt, die Kleinunternehmerregelung anzuwenden, da Ihr Jahresumsatz mit 5 x 1500 Euro = 7500 Euro über der Grenze von 7292 Euro liegt.

Mehrere Unternehmen einer Person

Der Kleinunternehmer-Status bezieht sich auf eine Person, nicht aber auf ein einzelnes Unternehmen. Daher ist es unzulässig, sich bei mehrfach auf die Kleinunternehmerregelung zu berufen, wenn man mehr als ein Unternehmen führt. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, mehrere kleine oder auch große Unternehmen zu führen. Um die Kleinunternehmerregelung anzuwenden, müssen jedoch alle Umsätze der Unternehmen zusammengerechnet werden. Liegt das Ergebnis unter der Grenze von 17.500 Euro, darf man ein Kleinunternehmen anmelden. Liegt das Ergebnis über der Grenze, besteht diese Möglichkeit nicht mehr.

Ausnahme: Umsatzsteuerfreie Einnahmen

Im vorangegangenen Abschnitt haben wir festgehalten, dass alle Umsätze addiert werden müssen, um zu ermitteln, ob man die Kleinunternehmerregelung anwenden darf. Hier gibt es jedoch eine Ausnahme: Tatsächlich umsatzsteuerfreie Waren oder auch Dienstleistungen werden nicht berücksichtigt, wenn man die Kleinunternehmer-Umsatzgrenze ermitteln möchte. Eine Liste der wichtigsten steuerbefreiten Leistungen könnt ihr in § 4 Nr. 11 bis 28 des Umsatzsteuergesetzes finden. Zu den tatsächlich steuerfreien Lieferungen und Leistungen gehören unter anderem ärztliche Behandlungen, Grundstücksvermietung sowie -verpachtung, Leistungen allgemein- oder berufsbildender Schulen oder Leistungen von Versicherungmaklern und -vertretern.

Beispiel
Annahme: Sie sind selbstständiger Lehrer an einer Berufsschule und möchten nebenbei einen Onlinehandel für Möbel eröffnen. Hier müssen Sie zur Ermittlung der Umsatzgrenze bloß die erwarteten Umsätze des Onlinehandels addieren, da die Arbeit als selbstständiger Lehrer an einer Berufsschule umsatzsteuerfrei ist. Erwarten Sie also für das erste Kalenderjahr für den Onlineshop einen Umsatz von beispielsweise 16.000 Euro, können Sie die Kleinunternehmerregelung anwenden, selbst wenn Sie zusammen mit Ihrem Gehalt als Lehrer auf ein imaginäres Einkommen von 200.000 Euro jährlich verdienen würden.
Wenn Sie sich nicht sicher sind, welche Ihrer Leistungen oder Waren tatsächlich umsatzsteuerfrei sind, können Sie sich entweder direkt ans Finanzamt wenden oder aber an einen Steuerberater. Hier können Sie weitere Auskünfte darüber erhalten, ob sie die mit ihren erwarteten Umsätzen die Kleinunternehmerregelung anwenden dürfen oder nicht.

Wie werde ich Kleinunternehmer? (Anleitung Formular)

Wenn Sie die genannten Bedingungen erfüllen und sich für die Kleinunternehmerregelung entscheiden, können Sie dies im „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ eintragen. Diesen Fragebogen erhalten Sie, wenn Sie sich beim Finanzamt melden und angeben, dass Sie ein Unternehmen anmelden möchten. Die Felder, die für die Anmeldung als Kleinunternehmer entscheidend sind, finden Sie auf der sechsten Seite des Formulars. In Zeile 154 müssen Sie zunächst so oder so die erwarteten Umsätze eintragen, sowohl für das Jahr der Betriebseröffnung als auch für das Folgejahr. Anschließend muss in Zeile 156 ein Häkchen gesetzt werden, um zu bestätigen, dass Sie die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen wollen.
Ist es Ihnen gemäß Ihrer Angaben aus Zeile 154 gestattet, die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen, Sie entscheiden sich aber dagegen, so müssen Sie das Häkchen stattdessen in Zeile 157 setzen. Wenn Sie sich an dieser Stelle dazu entschließen, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten, ist diese Entscheidung fünf Kalenderjahre lang gültig. Erst nach dieser Zeit können Sie sich wieder für eine Umwandlung zu einem Kleinunternehmer umentscheiden.

Vorteile eines Kleinunternehmers

Da ein Kleinunternehmer die Umsatzsteuer weder ausweisen noch abführen muss, muss er auch keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgeben. Bei der Umsatzsteuererklärung müssen zudem häufig nur zwei Zahlen eingetragen werden. Das erspart Arbeit und vereinfacht die Verwaltung.
Vorteile von der Kleinunternehmerregelung haben vor allem diejenigen Unternehmen, deren Kunden nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind, also Privatkunden. Hier spricht man von B2C-Unternehmen (Business to Customer). Endverbraucher vergleichen für gewöhnlich die Bruttopreise, also die Preise inklusive Umsatzsteuer, da sie die Umsatzsteuer ohnehin nicht vom Finanzamt zurückbekommen (im Gegensatz zu einem Unternehmen). Wenn ein Unternehmer nun dank der Kleinunternehmerregelung die Umsatzsteuer nicht abführen und somit auch nicht auf den Rechnungen aufführen muss, kann er diese Ersparnis auf den Kunden überwälzen und seine Produkte oder Dienstleistungen entsprechend günstiger anbieten als die Konkurrenz.
Bei Geschäftskunden dagegen gibt es für Kleinunternehmer keinen Preisvorteil, da sich die Geschäftskunden die Umsatzsteuer vom Finanzamt erstatten lassen.

Nachteile eines Kleinunternehmers

Bei einer guten Entwicklung des Unternehmens muss die Kleinunternehmerregelung auf lange Sicht aufgehoben werden, sobald die Umsatzgrenze überschritten wird. Das bedeutet, dass man ab diesem Zeitpunkt auch die Umsatzsteuer auf Rechnungen aufführen und somit ans Finanzamt abführen muss. Demnach wird es für die Kunden des Kleinunternehmers eine Preiserhöhung geben müssen. Das kann viele Kunden mehr abschrecken als wenn man von Anfang an diese Preise verlangt hätte.
Dadurch dass man als Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer abführen kann, sind die Betriebsausgaben höher als wenn man die Kleinunternehmerregelung nicht anwenden würde. Daher sollte man zunächst gut kalkulieren, ob sich die Kleinunternehmerregelung für einen selbst tatsächlich lohnt oder ob die erhöhten Betriebsausgaben überwiegen.
Des Weiteren kann man als Kleinunternehmer einen Image-Nachteil haben, da manche Geschäftskunden der Meinung sind, dass man sein Geschäft nur semiprofessionell betreibt, wenn man auf seinen Rechnungen keine Angaben zur Umsatzsteuer aufführt.

Was passiert, wenn die Umsatzgrenzen doch überschritten werden?

Zusammenfassend lässt sich sagen: Ihr Status als Kleinunternehmer bleibt bestehen, sofern Sie im vorherigen Jahr die Umsatzgrenze von 17.500 Euro nicht überschritten haben und für das folgende Jahr keinen höheren Umsatz als 50.000 Euro erwarten.
Sobald Sie aber im vorangegangenen Kalenderjahr einen höheren Umsatz als 17.500 Euro erzielt haben oder für das neue Kalenderjahr erwarten, dass Sie die 50.000-Euro-Umsatzgrenze überschreiten, sind Sie zur Regelbesteuerung verpflichtet, d.h. Sie müssen die Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen, sie auf Ihren Rechnungen ausweisen und haben im Gegenzug auch das Recht, die Umsatzsteuer aus Rechnungen anderer Unternehmen abzusetzen.
Beachten Sie, dass Sie vom Finanzamt nicht darüber informiert werden, wenn Sie die Voraussetzungen der Kleinunternehmerregelung nicht mehr erfüllen und von der Kleinunternehmerregelung zur Regelbesteuerung wechseln müssen. Sie selbst müssen Ihre Umsätze im Auge behalten und den entsprechenden Wechsel zur Regelbesteuerung in die Wege leiten, sobald Sie nicht mehr zur Kleinunternehmerregelung berechtigt sind.
Wenn Sie dies nicht tun, sondern Ihr Unternehmen weiterhin als Kleinunternehmer führen, obwohl Sie die notwendigen Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, müssen Sie dem Finanzamt die Umsatzsteuer zurückzahlen. Da Sie die Umsatzsteuer auf Ihren Rechnungen aber nicht ausweisen und gegebenenfalls auch nicht in den Preis Ihrer Produkte einkalkulieren, kann dies zu einer erheblichen Gewinnschmälerung für Ihr Unternehmen führen.
Bei Geschäftskunden können Sie allerdings auch im Nachhinein noch korrigierte Rechnungen verschicken. Ihre Geschäftskunden haben von der Ihrer Umwandlung keine Nachteile, da Sie die Umsatzsteuer absetzen können.
Privatkunden dagegen dürfen Sie keine korrigierten Rechnungen zuschicken.

 

Wir hoffen, Ihnen mit diesem Artikel einen umfassenden Einblick in die Kleinunternehmerregelung gegeben zu haben. Sollten Sie dennoch unsicher sein, ob die Kleinunternehmerregelung das Richtige für Sie ist, sollten Sie sich an einen Steuerberater oder direkt ans Finanzamt wenden. Dort wird man sich speziell mit ihrem Fall befassen und eine individuelle, perfekt auf Sie abgestimmte Lösung finden.

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