Ägypten? Jordanien? Naher Osten? Bloß nicht … ?

Ägypten? Jordanien? Naher Osten? Bloß nicht … ?

Schon mal jemandem erzählt, dass ihr jetzt für ein paar Monate nach Ägypten auswandert? Nein? Ich schon und die Reaktionen kann man sich vorstellen. Von laut vorgelesenen Reisewarnungen bis hin zu wahnwitzigen Vorhersagen und entsetzten Gesichtern war alles dabei. Wegen IS und so … Terror und Gefahr. Also bloß nicht in den Nahen Osten. Dass mir aber jemand als Hobby-Außenkorrespondent wie verrückt von einer Reise nach Deutschland, England oder Frankreich abgeraten hätte, wäre mir bisher noch nicht untergekommen. Denn diese Ziele sind nach wie vor im Trend.

Wissen wir eigentlich, was vor Ort wirklich passiert?

Nein, tun wir nicht. Was wir sehen sind Medienbilder. Jeder der soziale Plattformen selbst aktiv verwendet weiß, dass sich rund um ein Bild eine andere Welt abspielt. Terror und Krieg sind bittere Realität, aber wir müssen relativieren. Gefährliche Situationen, Anschläge oder Naturkatastrophen kann es immer und überall geben und genau diese Tatsache sollte uns zurück auf den Boden der Realität holen. Ägypten erstreckt sich über eine Fläche von über eine Million Quadratkilometer. Und überall soll Gefahr lauern? Ja, der Nahe Osten befindet sich in einer schweren Krise. Doch Terror findet genauso hier in Europa statt – hindert uns das daran, vor die Haustür zu gehen?

Menschenleere Orte als nächste Katastrophe

Für uns selbst ändert sich nicht viel, ob der kommende Urlaub in Ägypten oder Kroatien stattfindet. Wir bedenken jedoch überhaupt nicht, welche Auswirkung diese Reiseroutenänderungen für Touristen-Hotspots hat. Drei Wochen nach dem verheerenden Taifun Haiyan bin ich trotz der Reisewarnung auf die Philippinen geflogen. Wer sich an die Bilder aus dem Jahr 2013 erinnert, hat die Ausmaße vielleicht noch im Kopf. Was ich vorgefunden habe war bedrückend. Nicht ein einziges umgeknicktes Palmenblatt. Dafür menschenleere Orte und verzweifelte Menschen, die von den Touristen abhängig sind. Einzig Philippinos selbst sind angereist. Der Inselstaat besteht aus über 7000 Inseln und nicht alle wurden beschädigt. Trotzdem blieben die Touristen aus und die nächste Katastrophe für die Menschen vor Ort trat ein.

Was wir tun können

Natürlich dürfen Reisewarnungen und heikle Gebiete nicht unterschätzt werden. Aber wir müssen auch versuchen, einen nüchternen und unvoreingenommen Blick auf Länder zu werfen. Die besten Informationen bekommt man immer noch von den Menschen direkt vor Ort. Direkt beim Hotel oder einer seriösen Reiseagentur anfragen und sich über die aktuelle Situation erkundigen kann ein guter Anfang sein. Auch Reiseblogs und Foren sowie Facebook Gruppen, mit Leuten die vor Ort wohnen, geben uns Auskunft über die tatsächliche Lage.

Auch ich bin mit etwas Bauchweh zuerst nach Jordanien und später nach Ägypten gereist. Aber all der von unwissenden Menschen verbreitete Unmut ist sofort verflogen, als ich mich mit eigenen Augen überzeugen konnte. Kaum ein Land hieß mich bisher willkommener, als Jordanien. Umgeben von Krieg und Anschlägen, ist das ein Land dessen Schönheit kaum zu übertreffen ist. Zwar merkt man die angespannte Lage durch Sicherheitskontrollen und vermehrtes Auftreten von Polizei, doch unsicher habe ich mich zu keiner Minute gefühlt.

In Ägypten angekommen war es, als sei man in einer völlig anderen Welt. In Dahab auf der Sinai Halbinsel fühlt man sich wie in einer Blase, fernab der brutalen Realität. Ein türkisfarbenes Meer und menschenleere Strände erwarten Reisende, die sich hierher wagen. Beduinen warten mit frischem Tee auf all jene wenigen, die sich in den Sinai verirren und hoffen darauf, dass dieses wunderschöne Land wieder erblüht.

Terror und Krisengebiete sind Realität. Aber wir dürfen nicht auf die friedlichen Momente dazwischen und auf die Menschen, die von unseren Reisen leben und abhängig sind, vergessen. Ein neutraler, nicht naiver Blick ist gefragt. Gesunder Menschenverstand, ein bisschen Weltoffenheit und Verständnis in der Gesellschaft würden unsere Grenzen möglicherweise wieder etwas lockern und unsere Länder ein bisschen näher zusammenbringen. Es wäre unserer Welt zu wünschen.

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