Russland in der Krise: Diese Startups aus Russland sind betroffen

Russland in der Krise: Diese Startups aus Russland sind betroffen

Bereits vor dem Ukraine-Krieg war eine russische Anschrift ein Hindernis für Start-ups. Internationale Investoren und Geschäftspartner hatten Bedenken, was die wirtschaftliche Situation in Russland anging. Daher mussten viele russische Start-ups, die westliche Märkte bedienen wollten, in die EU umziehen, oder dort eine Geschäftsvertretung gründen. Durch die jüngsten Sanktionen verschärfen sich diese Probleme weiter. Junge innovative Unternehmen wird der Zugang zu den großen Märkten abgeschnitten. Dies hat nicht nur den Effekt, dass keine Güter und Dienstleistungen mehr verkauft, sondern Schlüsseltechnologien nicht mehr erworben werden können. Im Folgenden stellen wir Dir drei Start-ups vor, die von diesem Konflikt besonders betroffen sind.

Tinkoff Bank: Das Russische Erfolgs-Fintech ausgebremst?

Die Tinkoff Bank ist das erfolgreichste Finanz-Start-up der letzten zehn Jahre. Dieses Start-up ist das glänzende Beispiel der Digitalbanken, in Europa aber noch weitestgehend unbekannt. Die Tinkoff Bank stellt eine App zur Verfügung, die weit mehr als nur ein Bankkonto abbildet. Neben weiteren digitalen Finanzprodukten wie Kreditkarten, Aktienhandel oder Versicherungsabschlüssen gehört der Tinkoff Bank ein eigener Mobilfunkanbieter. Außerdem kann die App bei alltäglichen Problemen helfen, zum Beispiel dem Reservieren eines Tisches in Restaurants oder dem Bestellen von Taxis.

Europäische Digitalbanken haben versucht denselben Weg wie die Tinkoff Bank zu gehen, doch die europäischen Kunden trauen den alteingesessenen Kreditinstituten mehr als den Fintechs. Zudem kommen die europäischen Banking-Apps nicht an den Funktionsumfang der Tinkoff App heran. Das russische Fintech gehört somit zu den wenigen Smartphonebanken, die bereits jetzt Gewinne erzielen. Somit wäre eine Expansion in die Nachbarländer durchaus möglich gewesen.

Allerdings haben die Sanktionen einen Strich durch alle Zukunftspläne des Unternehmens gemacht. Das Ausschließen der russischen Banken vom SWIFT-Zahlungsinformationssystem ist die Bank vom Ausland abgeschnitten. Die massiven Kursverluste an den russischen Börsen, sowie das Aussetzen des Börsenhandels schaden einem wichtigen Geschäftsfeld. Dem digitalen Aktienhandel. Seit November 2021 hat die TCS Group, der aktuelle Eigentümer der Tinkoff Bank, über 90 % an Wert verloren. Ohne internationale Investoren scheint die Tinkoff Bank ihr rasches Wachstum nicht mehr fortsetzen zu können. Der Platz als führende Smartphonebank wird so nicht zu halten sein.

Bitrobotics Industrial Automation: Keine Halbleiter, keine Roboter?


Das 2018 gegründete Start-up ist das jüngste Unternehmen dieser Liste. Trotzdem galt es als aussichtsreiches Investment für Venture-Capital-Investoren. Denn das Konzept ist am Puls der Zeit. Roboterarme und automatisierte Maschinen, die in allen Teilen der Wertschöpfungskette angewendet werden können, haben riesige Absatzchancen. Egal ob in der Produktionslinie, der Lagerorganisation oder dem Verpacken. Gerade in Zeiten der „Just-in-Time-Produktion“ ist jede gesparte Minute bares Geld wert. Die Maschinen von Bitrobotics Industrial Automation basieren auf der 3D-Maschinen-Vision. Das bedeutet, die automatisierten Systeme verfügen über eine ähnliche Übersicht wie die Menschen. Daher können Teile von alleine in die richtige Position gedreht und an die richtige Stelle platziert werden. Dies verringert die Fehleranfälligkeit und beschleunigt die Produktion einer Maschine deutlich, denn solche Vorgänge sind für „blinde“ Maschinen äußerst kompliziert.  

Die Sanktionen gegen Russland treffen das Moskauer Start-up doppelt. Durch den fehlenden SWIFT-Zugang ist es für westliche Investoren nahezu unmöglich in das Start-up zu investieren. Dies ist besonders bei kapitalintensiven Geschäftsmodellen wie dem Maschinenbau sehr hinderlich. Zum anderen werden keine Halbleiter mehr nach Russland geliefert. Diese Teile sind für die Elektronik, besonders bei „smarten Maschinen“ unersetzlich. Bis die eigene Chipproduktion in Russland angelaufen ist, könnte die weitere Produktion massiv gehemmt, vielleicht sogar endgültig gestoppt werden.

Inoventica Technologies: Schutz gegen Cyber-Attacken oder Trojanisches Pferd


Informationstechnologie ist das Steckenpferd vieler Moskauer Start-ups, so auch von Inoventica Technologies. 2018 präsentierte das innovative Start-up seine Produkte auf der Hannover-Messe. Das Unternehmen hat sich auf die Cybersicherheit spezialisiert. Besonders ein Produkt gegen sogenannte DDoS-Attacken wird bereits in mehreren Ländern eingesetzt. Obwohl Cybersicherheit zu den angesagtesten Branchen der kommenden Jahre zählen wird, versperrt der Ukrainekonflikt diesem Start-up alle Zukunftschancen. Bereits bei dem Ausbau des 5G-Netzes warnten Experten vor einer Einmischung chinesischer Firmen in den Ausbau der deutschen Informationsinfrastruktur. Ebenso umstritten war die Abhängigkeit Deutschlands bei einer Inbetriebnahme des mittlerweile gescheiterten Nord-Stream 2 Projekts. Diese beiden Beispiele zeigen die Vorbehalte gegenüber Russland und China, wenn es um die eigene kritische Infrastruktur geht. Da die Cybersicherheit ebenso zur kritischen Infrastruktur für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen gehören, werden auch hier im Westen kaum russische Unternehmen zum Zug kommen. Vor allem da Russland nachgesagt wird, für viele Cyberangriffe verantwortlich zu sein, werden sich Sicherheitsmanager davor hüten, russische Technologie in den digitalen Schutzwall zu integrieren. Die Angst, dass diese Technologie plötzlich zur Sicherheitslücke wird, ist zu groß.

Schlittert Russland in die nächste Rezession?


Die Signale für die russische Wirtschaft sind alarmierend. Die Start-up-Kultur hat sich in den letzten Jahren in eine sehr gute Richtung entwickelt. Die Generation der in den letzten 15 Jahren gegründeten Unternehmen hätten Russland zurück an die Weltspitze der produzierenden und Technologieunternehmen katapultieren können. Vor allem wäre das größte Land der Erde nicht mehr auf den Export von klimaschädlicher Energie angewiesen, denn die Halbwertszeit dieses Sektors war schon vor dem Krieg nicht lang und wurde weiter verkürzt. Ohne Energieexporte und ohne moderne Start-ups bewegt sich Russland zurück in die Vergangenheit und nicht in die Zukunft. Die einzige Chance für Russland: Greift Nachbarland China dem sterbenden Riesen unter die Arme?

Maria Mayer

Maria Meyer, 29 Jahre alt, Redakteurin für diverse Onlinemedien.

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