
ING führt Wero ein: das neue europäische Echtzeit-Zahlungssystem
Einleitung
Die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs schreitet in Europa mit großen Schritten voran. Während Kartenzahlungen, Apple Pay und klassische Überweisungen längst etabliert sind, nimmt ein neues System Fahrt auf: Wero. Mit der ING hat nun eine der größten Banken Europas die Einführung dieser paneuropäischen Lösung gestartet. Was steckt hinter Wero, welche Vorteile bietet es Privat- und Geschäftskunden, und welche Bedeutung hat es für die Zukunft des europäischen Zahlungsverkehrs?
Was ist Wero?
Wero ist eine neue Bezahl-App, die auf den SEPA-Instant-Payments-Standards basiert und vom europäischen Zahlungsdienstleister EPI (European Payments Initiative) initiiert wurde. Ziel ist es, eine einheitliche, europaweite Alternative zu bestehenden Angeboten wie PayPal, Apple Pay oder Klarna zu schaffen – getragen von europäischen Banken und Finanzinstituten.
Der Name Wero steht für We Europe und soll die Idee symbolisieren, grenzüberschreitend Zahlungen schnell, sicher und kostengünstig abzuwickeln. Dabei ist das System nicht auf Deutschland beschränkt, sondern soll langfristig in allen teilnehmenden EU-Staaten verfügbar sein.
Warum die ING auf Wero setzt
Die ING positioniert sich schon seit Jahren als Vorreiter bei digitalem Banking. Mit der Einführung von Wero verfolgt die Bank zwei Ziele:
- Stärkung der Kundenbindung: Nutzer sollen Zahlungen direkt aus ihrem Girokonto tätigen können – ohne den Umweg über Drittanbieter.
- Europäische Unabhängigkeit: Bislang dominieren US-Anbieter wie PayPal, Visa und Mastercard den digitalen Zahlungsmarkt. Mit Wero soll ein starkes, europäisches Gegengewicht etabliert werden.
Gerade für die ING, die europaweit aktiv ist, ist es attraktiv, ihren Kunden eine Lösung anzubieten, die länderübergreifend funktioniert und dabei den europäischen Datenschutzstandards entspricht.
Funktionen im Überblick
Wero startet mit einem klaren Fokus auf Peer-to-Peer-Zahlungen – also Überweisungen von Person zu Person in Echtzeit. Ähnlich wie bei PayPal oder der deutschen Lösung „Giropay“ genügt es, die Mobilnummer oder E-Mail-Adresse des Empfängers zu kennen.
Geplant sind weitere Funktionen:
- Online-Shopping: Bezahlung direkt im E-Commerce-Checkout
- POS-Zahlungen: Nutzung im stationären Handel per QR-Code oder NFC
- Business-Transaktionen: Echtzeitüberweisungen auch für Unternehmen, z. B. bei B2B-Rechnungen
Der Ausbau soll stufenweise erfolgen, sodass Wero sich mittelfristig zu einer vollwertigen Alternative für alle gängigen Zahlungssituationen entwickeln kann.
Vorteile für Privatkunden
Für Endkunden bietet Wero mehrere entscheidende Vorteile:
- Kostenlos: Zahlungen innerhalb Europas sollen ohne Zusatzkosten erfolgen.
- Sofort verfügbar: Beträge werden in Echtzeit gutgeschrieben – ohne Wartezeit.
- Datenschutzfreundlich: Anders als bei vielen US-Anbietern liegen die Daten auf europäischen Servern und unterliegen der DSGVO.
- Einfacher Zugang: Anmeldung direkt über das bestehende Bankkonto, kein zusätzlicher Zahlungsanbieter notwendig.
Gerade in Zeiten, in denen Nutzer zunehmend auf Datensouveränität achten, könnte dies ein wichtiger Wettbewerbsvorteil sein.
Chancen für Unternehmen
Auch Unternehmen profitieren erheblich von einer breiten Akzeptanz von Wero:
- Geringere Kosten: Klassische Kreditkartenzahlungen verursachen Gebühren von 1–3 % pro Transaktion. Wero kann diese Kosten deutlich senken.
- Schnellere Liquidität: Echtzeitüberweisungen verbessern den Cashflow, da Beträge sofort auf dem Konto verfügbar sind.
- Europäische Standardisierung: Unternehmen, die europaweit tätig sind, benötigen nicht mehr für jedes Land separate Zahlungsanbieter.
- Direkter Draht zum Kunden: Der Wegfall von Intermediären erlaubt neue Services, etwa automatisierte Rückerstattungen oder flexible Payment-Pläne.
Für den deutschen Mittelstand, insbesondere im E-Commerce und im Dienstleistungssektor, könnte Wero eine attraktive Alternative darstellen.
Herausforderungen und offene Fragen
So vielversprechend Wero klingt – der Erfolg steht und fällt mit der tatsächlichen Nutzung. Einige Herausforderungen sind absehbar:
- Netzwerkeffekt: Ein Zahlungssystem funktioniert nur, wenn möglichst viele Nutzer und Händler es akzeptieren. Hier stehen Wero und die ING noch am Anfang.
- Wettbewerb mit Tech-Giganten: Apple Pay, Google Pay und PayPal sind tief in den Alltag integriert. Kunden davon zu überzeugen, zu wechseln, wird Zeit brauchen.
- Sicherheit: Auch wenn Wero auf europäische Standards setzt, müssen Nutzer Vertrauen in die technische Umsetzung und den Schutz vor Betrug aufbauen.
- Integration im Handel: Die Akzeptanzstellen im stationären Handel und Online-Shop müssen schnell ausgebaut werden, sonst bleibt Wero eine Nischenlösung.
Bedeutung für den europäischen Finanzmarkt
Die Einführung von Wero ist mehr als nur ein neues Zahlungsfeature. Sie ist ein politisches Signal: Europa möchte im Bereich digitaler Zahlungen unabhängiger von US-amerikanischen und chinesischen Playern werden.
Mit Banken wie der ING, Deutsche Bank, BNP Paribas und anderen großen Instituten im Boot, könnte sich Wero langfristig als europäisches Standard-Zahlungssystem etablieren. Sollte dies gelingen, wäre es ein bedeutender Schritt hin zu einer stärkeren digitalen Souveränität Europas.
Fazit
Mit Wero bringt die ING ein neues, vielversprechendes Zahlungssystem auf den Markt, das Privatkunden und Unternehmen gleichermaßen Vorteile bietet. Es kombiniert Schnelligkeit, Kosteneffizienz und Datenschutz mit dem Anspruch, eine europaweite Lösung für alle gängigen Zahlungen zu werden.
Noch ist der Weg lang: Akzeptanzstellen müssen gewonnen, Kunden überzeugt und Vertrauen aufgebaut werden. Doch die Chancen sind groß, dass Wero mittelfristig zu einem echten Gamechanger im europäischen Zahlungsverkehr wird.
Für deutsche Verbraucher und Unternehmen gilt: Es lohnt sich, die Entwicklung genau im Blick zu behalten – denn Wero könnte schon bald eine zentrale Rolle im Alltag und in der Finanzstrategie spielen.